|
Anfangs
kotzt es dich an, und man kann sich bloß über die Runden retten,
dass man daran denkt, was man sich mit dem zusätzlich verdienten
Schein leisten wird, wie vieler Scheine es noch bedarf, um den Ozelotmantel
zu kaufen, oder du erinnerst dich, dass du zu Hause noch die feuchte Wäsche
aus der Maschine nehmen musst. Wenn du als Domina arbeitest, hast du es
leichter, keiner berührt dich, dein Körper ist unerreichbar,
du wahrst Distanz und bedienst dich ihrer.
(...)
Allmählich haben
sich die Bilder gegeneinander verschoben, eines blau und eines rot, ähnlich
jenen 3D-Drucken, für die es einer Rot-Blau-Brille bedarf: zusehen,
wegschauen und teilnehmen am Spiel der Demütigung und doch nichts
als ein Geschäft und wiederum weit mehr, immer knapp vor dem Absprung.
Du sagst dir, es ist ein Job wie jeder andere, und du belügst dich
in einem fort, richtest dich ein in deinem Leben mit diesem Selbstbetrug:
Ein Kriechen auf allen Vieren. Du verkörperst die Sklavin, für
die sie dich halten. Geheimprostitution im Wiederholungsfall, nennen sie
es. Polizisten behandeln dich wie ein Stück Gummi, betrachten dich
als die Prostituierte, die du bist, und meinen, für sie gelte der
Nulltarif bei unsereins, grapschen dir an den Busen, betapsen deinen Hintern,
schiebt dir einer seine Hand zwischen die Beine - blitzschnell. Wenn du
dich beschwerst, hat keiner der anderen etwas bemerkt. Bezichtigen sie
dich der Lüge: Widerstand gegen die Staatsgewalt. Du hättest
versucht, dir einen Vorteil herauszuschinden, heißt es, du hättest
provoziert. Und alle sind sie bereit zu schwören, dass es so und
nicht anders gewesen sei. Bis du selbst daran glaubst und erkennst: Die
Wahrheit ist relativ. Vielleicht habe ich alles bloß geträumt,
mir alles eingebildet.
(...)
|
|