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Vor 35 Jahren haben
wir die Landwirtschaft erworben, wir waren 18 Bauern im Vollerwerb und
jetzt bin ich der letzte. Die Abwanderungswelle hört nicht auf, weil
der ländliche Raum einen großen finanziellen Aufwand erfordert,
Maschinen, Arbeiter. Arbeiter und Maschinen sind gleichwertig, also kauft
der Bauer Maschinen und bekommt Schwierigkeiten, wenn die Maschinen nicht
richtig genützt werden. Er sagt sich, da gehe ich als Arbeiter, habe
mein Wochengeld, dann die Pension und muss den Betrieb nicht weiterführen.
Seit dem 1. Mai bin ich in Pension. Man hat keinen Besitz mehr, kein Recht,
sobald Übergeben ist, erlischt das Mitspracherecht, das Berechtigungsrecht,
dass man seine Wünsche äußern, etwas einteilen könnte.
Bei uns geht das noch.
(...)
Ein Bauer muss heute
viel können, er muss vielseitig sein. Der Bauer ist immer als Dummer
hingestellt worden, aber er muss sich in jeder Sparte auskennen, er trägt
ein großes Risiko, viel Verantwortung. Früher war der Bauer
zu 80 Prozent Selbstversorger, nur 20 Prozent hat er auf den Markt gebracht.
Heute ist es umgekehrt. Das Schwierigste bei der Vermarktung ist, einen
Partner finden, der kauft und zahlen kann, man muss abzuschätzen,
wie weit kann ich mich mit jemandem einlassen. Der Bauer ist kein freier
Mensch mehr. Jeder Händler oder jede Firma bestimmt, wie viel ich
bekomme, sie bieten einen Preis an, ohne dass der Bauer etwas mitzureden
hat.
(...)
Mein Lebensrhythmus
ist Gleichmäßigkeit. Beim Essen und bei allem habe ich es gern.
Ich esse nur, was mir schmeckt. Wegessen kommt nicht in Frage. Wenn ich
spüre, dass mein Sättigungsgrad da ist, beim Trinken wie beim
Essen, will ich keine Überdosis mehr zu mir nehmen. Fleisch brauche
ich wenig, eher Obst und Gemüse. Man hat ein inneres Gefühl
und spürt, was einem gut tut und was nicht. Verdorbene Sachen kann
ich nicht essen, da bin ich empfindlich. Nicht, dass ich sonst empfindlich
wäre, aber mein Körper hat sich eingestellt auf eine frische
und gesunde Ware, ist hineingewachsen.
(...)
Oft sinniere ich in
der Nacht. Soweit bin ich religiös, dass ich mir denke, meine Welt
ist nicht diese Welt, und es gibt ein Jenseits. Vorbilder habe ich wenige
auf dieser Welt, denn wer die Menschen kennt, liebt nur mehr die Tiere,
sie sind ehrlicher und aufrichtiger. Im gewissen Maß sind Gott und
Göttlichkeit für mich ein Vorbild, aber die Christlichkeit,
wie Pfarrer oder andere, die den Glauben verkünden, hat nicht immer
in meinem Gedankengang Gleichwertigkeit. Ich habe nichts gegen Christus
und gegen die Christlichkeit, ich weiß, dass es Gebote gibt und
dass man danach leben soll, aber der Mensch ist eine bewegliche Sache,
und der Herrgott hat die Menschen nicht auf die Welt gestellt, damit sie
wie im Paradies leben, das darfst du machen und das nicht. Das ist nicht
vorgeschrieben. Jeder Mensch hat seine Bewegungsfreiheit. Wenn er einen
guten Geschmackssinn und einen Instinkt hat, weiß er, was in Ordnung
ist.
(...)
Es ist ja bloß
eine kurze Zeit, die wir auf der Welt sind, selbst wenn man 70 Jahre hier
verbringt, niemand ist ewig da. Jeder muss arbeiten und beten, als ob
man alle Tage sterben könnte. Ich lebe schon in religiöser Weise,
sogar wenn ich mit dem Auto fahre, schaue ich in den Himmel und denke
mir, wenn der Herrgott runter schaute.
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