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Briefe einer Hausmeisterin
- Gefunden und illustriert
„Die Briefe der Hausmeisterin Leopoldine Kolecek“ lautet ein Buch, das der Wiener Autor und Galerist Manfred Chobot herausgegeben hat. Das Biedere, das sich im Titel ankündigt, und schon der Name der Hausmeisterin hat so viel typisch Wienerisches, daß man ihn besser kaum erfinden könnte. Und erfunden sind denn auch diese Briefe nicht, sondern gefunden: in einer Schottergrube bei Braunau am Inn.
Daß ihre Briefe einmal „literarisch“ interessieren würden, daran dachte die rechtschreibschwache und stilunsichere Leopoldine Kolecek sicher nicht. Was teilte sie in diesem Bündel Briefe aus dem Jahr 1955/56 dem Verwalter Ernst Rotzoll im niederösterreichischen Finstein schon mit? Wo wieder etwas zu reparieren war, daß die Klopfstange erneuert werden mußte, welche Schwierigkeiten es im Haus gab und wer wem zuleid lebte, wie „die Französin“ die Wohnung herunterwirtschaftete, in welchen Wohnungen wieder das Wasser durch die Decke kam. Viel mehr als die Nöte einer Hausmeisterin, die die Sorgen ihres Verwalters und Herrn zu ihren eigenen gemacht hat, sind diese Briefe in der Tat nicht.
Aber wie Leopoldine Kolecek diese Briefe abgefaßt hat! Nicht ohne die kalkulierende Absicht, sich das Wohlwollen des Verwalters zu erhalten; aber die Briefe können auch nicht die Schwere eines redlich gelebten Lebens verbergen, in dem um Schönschrift und gutes Deutsch sich zu kümmern keine Zeit war. Und dies letztere vor allem machen die Illustrationen deutlich, die Alfred Hrdlicka zum Buch gemacht hat.
Zum ersten Mal versucht er sich hier in der Technik der Tuschzeichnung, mit der ihm sehr ernste und schöne Menschen gelingen. Vollends diese zahlreichen Illustrationen verhindern, daß aus diesen gefundenen Briefen ein neues Praliné für einen an Zynismen gewiß nicht armen Kunstbetrieb wurde: Da ist nicht nur die Enge und Muffigkeit wienerischen Hinterhausmilieus, da sind immer auch die Härte des Lebens, die tausend Zwänge zu Kleinmütigkeit und verzweifelten Mienen, und da kommen auch Ansprüche ins Spiel, die Hrdlicka enttäuschten Menschen genau von ihren Gesichtern abgelesen hat.
Manfred Bosch
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