Ausgewählte Kritiken - Rezensionen  
 
back
 
 
Rezension "Der Gruftspion" - Traute Foresti  
„AZ – Arbeiter-Zeitung“, 31. März 1978
   
   
 
     
 
 
     
  Manfred Chobot  
   
 
Der Gruftspion
  Der Gruftspion"
     
    Prosa.      
    Mit Grafiken von Karl Anton Fleck      
    1978: Wiener Neustadt,      
    Autorenedition Januskopf      
    vergriffen      
           
               
 
   
     
     
 

Die „Wiener Szene“ scheint es an sich zu haben. Immer wieder schenkt sie uns Satiriker. Der junge Manfred Chobot, geboren 1947 in Wien, weist sich als solcher aus, und ganz schön deftig tut er es! In seinem Prosaband „Der Gruftspion“ greift er tief hinein ins Angefaulte, Verlogene, Frustrierte. Er tut es trocken, präzise, mit System. Da gibt es kein Herumgerede oder Beschönigen, das wird das Kind beim Namen genannt. Mit Ironie wird nicht gespart, und sie trifft immer ins Schwarze – mit „bösem Charme“. Im „Gruftspion“ etwa, wenn Elfriede F., 20 Jahre alt, dem Wiener Verein beitritt und sich in ihr Begräbnis einkauft. Man kann nicht früh genug… Aber dann heiratet sie, und alle ihre Vorsorgeängste sind ihr plötzlich nicht mehr wichtig, sie will austreten. Nun setzt der Inkassant mit seiner „Arbeit“ ein, er mahnt sie, gut zu überlegen, man bietet ihr die Möglichkeit, im Falle ihres Ablebens bis Ende des Jahres ihr bezahltes Begräbnis in Anspruch zu nehmen, trotz ihres Austritts. Wenn sie überlebt, kann sie wieder eintreten! Welch makabrer Zynismus!
Nun, in Chobots Geschichten geht’s nicht nur um das gesicherte Sterben. Er packt auch die Lebenden hart an, von der sozialkritischen, der staatspolitischen Seite, leuchtet aber hell und köstlich in verschiedene Berufe hinein. Schließlich wird das System des Wohnens in einer Reihe von Paragraphen in die Zange genommen, Verordnungen im Amtsdeutsch, Rechte und Pflichten vom Standpunkt des Haus¬eigentümers werden dem Leser so trocken serviert, dass er sich eines leisen „Nonsensgefühls“ kaum erwehren kann. Im Zusammenhang mit den einzelnen Wohnräumen wird das Verhältnis der darin wohnenden Eltern und Kinder, das Erziehungssystem mit all seinen Verlogenheiten, die Reaktion der lieben Kleinen amüsant und ebenso aggressiv dargestellt.
Einen eigenen Platz nehmen die Parallelgeschichten ein. Etwa „vom Lieben“, „vom Töten“, „vom Geben“, vom Nehmen“ usw. Ambivalentes Verhalten aus konträren inneren Situationen heraus. Den Schluß der satirischen Prosa bildet eine Art politische Farce. „Österreich 1933 – Österreich 1985. Vergangenheit – Zukunft.“ Manfred Chobot spart auch hier nicht mit kritischer Ironie. Einige seiner Geschichten werden durch Karl Anton Flecks Graphiken kräftigst versinnbildlicht. Ein Buch zum Schmunzeln und Stirnerunzeln!

 
   
 
Traute Foresti
 
 
 
     
     
 
top