Ausgewählte Kritiken - Rezensionen  
 
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Rezension "Der Gruftspion" - Lesung Salzburger Leselampe  
„Salzburger Nachrichten“, „Salzburger Volksblatt“ und „Salzburger Tagblatt“, 21. Juni 1978
   
   
 
     
 
 
     
  Manfred Chobot  
   
 
Der Gruftspion
  Der Gruftspion"
     
    Prosa.      
    Mit Grafiken von Karl Anton Fleck      
    1978: Wiener Neustadt,      
    Autorenedition Januskopf      
    vergriffen      
           
               
 
   
     
  In den Grüften der Gesellschaft
– Der Wiener Manfred Chobot las im Studentenhaus eigene Satiren
 
     
 

Am letzten Abend der Saison bei der Salzburger „Leselampe“ wurde das Publikum in Grabestiefen entführt: Im Studentenhaus in der Philharmonikergasse las Montag der Wiener Satiriker Manfred Chobot gar nicht angenehme Geschichten aus seinem im Vorjahr erschienen Buch „Der Gruftspion“, in dem er einem einmal da, dann dort recht kräftig auf den Schlips tritt. Objekte seiner Kritik sind Personen und Institutionen. Als erklärter Pazifist etwa schießt er seine Pfeile gegen den Wehrdienst, ein „Tötungs¬handwerk“, das auch gelernt sein will. Als Kapitalisten-Verächter hat er böse Wort über die Karriere des Herrn S.“ parat, was ihm in die Finger kommt, sofort kaufmännisch zu verwerten weiß und seien es nun (durch Zufall) japanische Tanzmäuse.
Als Kämpfer für einen gesunden Feminismus dient ihm die „Küche“ als Vorwand, um allen Männern den Hausmütterchen-Typus, Sinnbild der Knechtschaft der Frau, unter die Nase zu reiben. Ein typisches Zitat: „Jede Ehe geht gut, solange der Mann die Zehn Gebote und die Frau den Mund hält.“ Und schließlich weiß Chobot auch noch eine Lanze für die Kommunikation in unpersönlichen Wohnhäusern zu brechen, oder vielmehr diese Lanze gegen jedwede Verkümmerung der zwischen- und mitmensch¬lichen Kontakte zu schleudern.
Manfred Chobot produziert keine wie es vielleicht der Titel seines Satiren-Bandes suggerieren könnte, „Katakomben-Literatur“, sondern er hat vielmehr seine Lauscher an der Zeit, verweist auf Abgründe, die seiner Meinung nach im gesellschaftlichen System verborgen sind, spioniert instinktsicher kleinen und großen Schwächen nach und weiß das durchwegs in sarkastischem Zynismus und einem direkten, geradlinigen erzählerischen Realismus griffig in Sprache zu fassen. Chobot beschönigt nicht und übertreibt, wenn er etwas auf die Spitze treibt, nur dort, wo er sich allzu sehr von Klischeevorstellungen leiten läßt. Den stärksten Eindruck hinterließ die zum Abschluß vorgetragene Parallel-Geschichte vom „Geben und Nehmen“, die sehr eindringlich von des Schriftstellers sozialem Engagement kündet.
Zwischen den einzelnen Erzählungen und danach sang Reinhard Liebe Vertonungen Chobotscher Gedichte, die bestärken, daß die Stärke des Satirikers in der Prosa liegt, sowie eigene „G’stanzln“ in bester österreichischer Tradition, die nur gelegentlich dort, wo sie vorgeben, tiefschürfend zu sein, an der Oberfläche schwimmen.

 
   
 
Karl Harb.
 
 
 
  „Salzburger Volksblatt“, 21. Juni 1978  
     
  Neues von der Insel der Unseligen
– Manfred Chobot und Reinhard Liebe lasen bei der „Leselampe“
 
     
  Zwei recht grimmige Gesellen gastierten Montag abend bei der „Leselampe“: die beiden Wiener Manfred Chobot und Reinhart Liebe. Beide brachten unverblümt und direkt vor, was sie zu sagen haben.
Im Grunde hat jeder an seiner Umwelt irgendwas auszusetzen, ob es nun gerechtfertigt scheint oder nicht. Dabei ist jedem klar, daß es uns gut geht in Österreich. Trotzdem hat der Schriftsteller Chobot sich nicht gescheut, in seinem Buch „Der Gruftspion“ diese „Insel der Seligen“ genauer unter die Lupe zu nehmen. Und da taucht dann so allerhand auf, das doch nicht so ganz in Ordnung ist. Im Zyklus „Berufe“ dokumentiert er den hindernisreichen Aufstieg eines „Tötungslehrbuben“ zum Meister des „Handwerks mit blutigem Boden“, schildert die Karriere eines Starverkäufers, der alles mögliche zu Geld macht, sich verkalkuliert und an einer Tanzmaus-Überbevölkerung zugrund geht.
Hinter der vordergründigen herzhaften Komik kommt eine gehörige Portion Zynismus zutage, beinharte Kritik an der Dummheit und Eigensucht mancher. An anderer Stelle rechtet sich Chobots Unmut gegen die Leistungsgesellschaft, in der „jede Ehe funktioniert, wenn der Mann die 10 Gebote und die Frau den Mund hält.“ Seine Kritik betrifft weiters die gesellschaftliche Kommunikationsarmut oder die sicher vorhandenen negativen Effekte von Erziehungsheimen.
Reinhard Liebe umrahmte Chobots Lesung mit recht ansprechenden Dialekt-Songs (Text zum Teil von Chobot), in die er weitab von jedem Kommerz à la Ambros und Danzer neben spöttelnder Satire jede Menge Humor verpackt. zusammen mit seiner musikalischen Leistung (Liebe ist Leader der Gruppe „Augustin“) ergibt das eine Art kabarettistisches Volkslied.
Die letzte Veranstaltung der „Leselampe“ vor der Sommerpause fand ein zwar kleines, aber begeistertes Publikum.
 
     
 
Konnie Aistleitner
 
     
  „Salzburger Tagblatt“, 21. Juni 1978  
     
  Engagement mit einem Schmunzeln  
     
  Da passiert schon einiges in Manfred Chobots Texten – und was sich da ereignet, abspielt im Geschriebenem, geht uns alle etwas an, denn der Wiener Schriftsteller (Jahrgang 1947) macht genau das bewußt, was täglich ignoriert wird.
Aber die eigene Ignoranz aufgedeckt zu bekommen, ist nicht das Angenehmste; Chobot bewahrt vor dem Unangenehmen, er schreibt trotz ernsten Engagements mit einem Schmunzeln, das sich überträgt und erträglich macht. Bei seiner Lesung am Montag in der „Leselampe“ wurde Manfred Chobot von dem Wiener Musiker Reinhard Liebe unterstützt, der einige Gedichte des Autors vertont hat.
„Der Gruftspion“ heißt das 1977 veröffentlichte Buch mit satirischen Prosatexten, aus dem Chobot Montag in der „Leselampe“ las. Da ist die Rede vom Tötungshand¬werk, das zu erlernen jeder männliche Staatsbürger am 18 gezwungenermaßen verpflichtet wird, damit er dann befähigt ist, mit seinem Leben das Eigentum anderer zu schützen. Die Karriere eines Richard S. vom Zeitungskolporteur zum Großmakler in Sachen japanischer Tanzmäuse (Motto des Karrieristen: alles was sich verschenken läßt, läßt sich auch verkaufen) ist beschrieben, ebenso Wohnungsgegebenheiten anhand von Hausordnungen.
Zum Besten in dem Buch gehören sicherlich auch die Parallelgeschichten, von denen Chobot das Kapitel „Vom Geben und Nehmen“ las. Zum Abschluß ein paar Mundartgedichte, die den Wiener verstärkt als Satiriker auswiesen, sowie eigene Lieder von Reinhard Liebe. Heuer erschien von Manfred Chobot ein Buch mit Wiener Mundarttexten mit dem Titel „Waunst in Wean“.
 
     
 
C.W.A.= Christoph W. Aigner
 
     
 
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