Ausgewählte Kritiken - Rezensionen  
 
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Rezension "nach dirdort" - "schreibkraft", Heft 13", Graz 2006
   
   
 
     
 
 
     
  Manfred Chobot - "nach dirdort"  
   
 
Reisegeschichten
  „nach dirdort“
     
    Gedichte und BildGedichte.      
    St. Pölten: Literaturedition NÖ,      
    184 Seiten mit 85 Farbfotos,      
    € 28,--      
           
           
               
 
   
     
 

ein nacktes bild vor augen - Manfred Chobots Sprachbilder und Bildsprachen

Die Literaturedition Niederösterreich wird von der Abteilung Kultur und Wissenschaft des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung herausgegeben. Manfred Chobot, Jahrgang 1947, hat dort vor einigen Jahren den Lyrikband ansichtskarten - stadt/stattgedichte publiziert; daneben liegen von ihm weitere Gedicht- und Prosabände unter anderem bei Deuticke und in der Bibliothek der Provinz vor. Nicht zuletzt ist Chobot aber als Herausgeber der Reihe "Lyrik aus Österreich" im Verlag Grasl bekannt geworden, die nach 28 Jahren ihres Bestehens kürzlich mit der Verlagsübernahme durch Brandstätter eingestellt wurde.
Nun liegt in der Edition Niederösterreich ein neues Buch Chobots vor, das nicht zuletzt durch seine bibliophile Ausstattung - der hochwertig gebundene Band enthält neben rund 120 Gedichten zahlreiche ganzseitige Farbfotos unter der lapidaren Bezeichnung BildGedichte - neue Einblicke in die Gattungsgrenzen überscheitende, ebenso bunte wie herbe Poetik seiner Verfassers gewährt. Schon das schräg auf dem Buchumschlag affichierte Foto eines reichlich verlebten Esso-Zapfsäulenpaares lädt zum ironischen Auftanken auf dem Weg nach dirdort ein.
Das Du, seine Orte und die verschlungenen Wege dorthin, auf denen man letztlich auch sich selbst begegnet - das sind Motive, die wie ein roter Faden durch das Buch laufen, ohne jedoch die thematische Schlinge zu eng zu ziehen. Hommagen an Künstlerpersönlichkeiten (etwa zum 70. Geburtstag Friederike Mayröckers: "eine sieben / fürs spröde / die null / fürs runde") finden sich ebenso wie Aufzeichnungen aus Liebesbeziehungen ("verknoten sich unsere beine zum / spaziergang durch den garten eden"), Lebenserfahrungen im familiären Zusammenhang ("im haus der eltern liegen / die toten erinnerungen / und die kindheit in den / zimmern riecht nach alter") und scharfe politische Stellungnahmen (so im Gedicht kosovo: "die toten sind um die welt gegangen").
Chobots Gedichte bleiben in ihren Themen und Motiven nahe am täglichen Leben, oft sogar nahe am Banalen, und sind damit im besten Wortsinn welthaltig; dabei entwickeln sie meist ein hohes Maß der Brechung und Neugestaltung, ohne an Konkretheit und pointierter Schärfe einzubüßen. In ähnlicher Weise nehmen auch die Fotografien Alltagsorte, zufällige Konstellationen zufälliger Gegenstände entlarvend aufs Korn und erzählen nebenbei von der Reiselust des Autors. Bildsprache und Sprachbilder bleiben einander nichts an Ironie und poetischer Präzision schuldig. Eine erweiterte Biografie im Anhang (verfasst von Helga Cmelka) setzt den literarisch-fotografischen Paarlauf konsequent fort und zeigt den Weg eines einstigen Leistungsschwimmers Chobot zum gut trainierten Wort- und Bildkünstler.

helwig brunner

 
   
     
     
     
 
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