Ausgewählte Kritiken - Rezensionen  
 
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Rezension „gefallen gefällt“ – Mario Karl Hladicz
Kultur online, 14.8.2012
 
     
   
 
     
 
 
     
  Manfred Chobot  
   
 
  Manfred Chobot        
   

gefallen gefällt
Gedichte

     
    2012      
    St. Wolfgang, Edition Art Science
     
    97 Seiten
     
   

€ 11,--

     
           
               
 
   
     
     
 

Der Kleinverlag Edition Art Science verfolgt durchaus hehre Ziele, nämlich «gute, lesenswerte, leistbare Bücher für mündige Leser und Leserinnen» zu machen, wie auf der Verlagshomepage nachzulesen ist. Tatsächlich kommt man diesem Vorhaben seit dem Neustart im Jahr 2008 gewissenhaft nach und präsentiert ein ständig wachsendes Programm; neben der literarischen Reihe publiziert der Verlag Biographien (wenig bekannter) österreichischer Schriftsteller, Materialien zu Autoren ebenso wie Aufsatzsammlungen, im Vorjahr ging die erste Ausgabe der hauseigenen Internetzeitschrift literart online. Ein besonderes Anliegen scheint den Herausgebern jedoch die Lyrik zu sein, umfasst die von Erika Kronabitter und Raimund Bahr betreute Reihe «Lyrik der Gegenwart» mittlerweile doch bereits 21 Bände.
Band 21 der Lyrikreihe nennt sich Gefallen gefällt und stammt von einem in der österreichischen Literaturlandschaft Wohlbekannten, dem umtriebigen Manfred Chobot. Während sich der «Mehrkampf-Autor» (©Karl-Markus Gauß) in seinen letzten Publikationen der Wiener Seele erzählerisch (Der Hund ist tot: Grätzelgeschichten aus 24 Wiener Bezirken) und dokumentarisch (Der Wiener Brunnenmarkt oder wie man in der eigenen Stadt verreist) zugewendet hat, gibt Chobot nun wieder einmal Einblick in sein lyrisches Talent.
Die insgesamt siebzig Gedichte kreisen um die verschiedensten Themen; oft geht es um die Liebe und die Frauen («Pompeji anno 79 und danach», «Mit bloßen Augen», «Kunstgeschichts-Abriss»), um die Auseinandersetzung mit dem Tod («Die Nacht nach Allerseelen 2005», «Schteam») oder um die (traurigen) politischen Verhältnisse; in «Das Getriebe auf Trab halten» etwa heißt es: «so lange gewinne lukrieren / bis die steuern versickert sind / zum gemeinwohl / höre ich dennoch zu und dann / wird aufgetischt dass leider der / tisch schon leer / sei nichts zu hören nichts zu sehen / im bauch die chuzpe und durchfall / alle unschuldig / bis zum erbrechen / abfertigung.»
Herrlich erfrischend die Einblicke in das Innenleben eines lyrischen Ichs, das sich augenzwinkernd um den Nachruhm Gedanken macht («Unsterblich - oder was») wie auch um das Sein an sich («Urknall vorwärts und zurück»), dessen große Angst darin besteht, «aus der liste / der reichsten männer zu rutschen» oder «in eine banknotenpresse zu geraten» («Angst-Ode»), ein andermal die Hoffnung hegt, «beim geschlechtsverkehr zu sterben» und «so lange ich lebe auf viagra zu verzichten» («Hoffnungslitanei»). Es ist die Mischung aus leisen und kräftigen Tönen, aus bissigem Humor und zurückgenommener Nachdenklichkeit, welche den Gedichtband zu einer kurzweiligen Lektüre macht.
In dem Gedicht «Gezeiten» stellt der Autor gleich zu Beginn des Bandes die Dinge klar: «wir sind säugetiere / nicht mehr und nicht weniger / mit etwas mehr abstrakten gedanken». Man hofft, noch lange und ausgiebig an jenen von Manfred Chobot teilhaben zu dürfen.
Mario Karl Hladicz

Manfred Chobot: Gefallen gefällt. Lyrik der Gegenwart Band 21. 104 S. Edition Art Science: Wien, St. Wolfgang 2012. ISBN 978-3-902864-08-6
 
 
 
 
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