Ausgewählte Kritiken - Rezensionen  
 
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Rezension „Die Wunderwelt, durch die ich schwebte" –
Lev Detela
LOG, Nr, 133/2012
 
     
   
 
     
 
 
     
  Manfred Chobot  
   
 
  Manfred Chobot        
    Die Wunderwelt, durch die ich schwebte – Literarische Träume
(mit Dieter Bandhauer)
     
    2011      
    Wien: Sonderzahl      
    200 Seiten      
   

€ 18,-

     
           
               
 
   
     
     
 

ANTHOLOGIE DER LITERARISCHEN TRÄUME

Schon immer beunruhigten die Menschen ihre Träume, die im Schlaf kommen und an die man sich am nächsten Morgen noch manchmal lebhaft erinnern kann. Obwohl ein Sprichwort sagt: „Die Träume sind Schäume“, steckt in diesen „Visionen der Nacht“ vielleicht doch eine tiefere Bedeutung. Manfred Chobot, der zusammen mit Dieter Bandhauer als Herausgeber der Anthologie der literarischen Träume. Die Wunderwelt, durch die ich schwebte fungiert, zitiert im Nachwort unter anderem auch diese Worte von Martin Grzimek im Deutschlandradio vom 18. November 2002: „Nach neuesten neurobiologischen Theorien wird die Traumtätigkeit auf informationstechnische Prozesse des Gehirns zurückgeführt, die an die digitale Verarbeitung von Daten im Speicher eines Computers erinnern… Bei einem solch nüchternen Vokabular zur Beschreibung dessen, was geschieht, wenn wir träumen, bleiben alle uns eingeprägten Metaphern, was ein Traum sei, auf der Strecke.“
Und doch steckt in diesem Phänomen etwas Geheimnisvolles und Rätselhaftes. Der berühmte altgriechische Philosoph Platon meinte schon vor mehr als 2000 Jahren, dass in jedem von uns „schreckliche unbändige und gesetzlose Begierde existieren, die im Schlaf zutage tragen.“ Es verwundert nicht, dass auch der berühmte Wiener Psychoanalytiker Sigmund Freud die geheimnisvolle Welt der Träume enträtseln wollte. Unter anderem stellte er aber doch ganz nüchtern fest: „Der Traum kann beschrieben werden als ein Stück Phantasieren im Dienste der Erhaltung des Schlafes“ (zitiert in der Anthologie auf der Seite 5).
Der Umstand, dass sich in Träumen (es gibt auch Tagträume) das Reale mit Phantastischem mischt und verbindet, hat schon immer Schriftsteller, Maler, Philosophen inspiriert. Solche Neugierde kommt auch dieser Wiener Anthologie der literarischen Träume zugute, in der viele alte und jüngere deutschsprachige Autoren vertreten sind. Der Band enthält eine interessante Auswahl verschiedener literarischer Träume aus den Federn von 106 namhaften deutschsprachigen und fremden Autorinnen und Autoren. Mit einzelnen Beiträgen sind auch Maler, Filmemacher, Wissenschaftler und Philosophen vertreten.
Weil die „Traumgeschichten“ an sich derart verzerrt sind, dass sie beim ersten Blick nur wenig Sinn ergeben, wird in der vorliegenden Anthologie der „Logik des Alogischen“ ein breiter Raum gegeben. Vor allem werden auch surreale und experimentelle Texte berücksichtigt. Unter anderem sind im Band neben den „Darstellungsmitteln des Traums“ von Sigmund Freud die Texte von Theodor W. Adorno, H.C. Artmann, Ingeborg Bachmann, Charles Baudelaire, Walter Benjamin, Gottfried Benn, André Breton, Luis Buñuel, Daniil Charms, Bob Dylan, Günter Eich, Federico Fellini, Barbara Frischmuth, Peter Handke, Fritz von Herzmanovsky-Orlando, Hermann Hesse, Hugo von Hofmannsthal, Eugène Ionesco, Ernst Jandl, Carl Gustav Jung, Franz Kafka, Erich Kästner, Paul Klee, Alfred Kubin, Michel Leiris, Klaus Mann, Friederike Mayröcker, Eduard Mörike, Toni Morrison, Johann Nepomuk Nestroy, Jean PaulAndreas Okopenko, Raymond Queneau, Hans Raimund, Luise Rinser, Peter Rosegger, Michael Scharang, Kurt Tucholsky Karl Valentin oder Christa Wolf veröffentlicht.

Lev Detela

 
 
 
 
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