|
Die liebe Familie: Nach seiner Reise nach Unterkralowitz fährt der Wiener Autor Manfred Chobot mit seiner Familiensaga fort. Der Erzähler ist Jungvater vom kleinen Ügl-Ü und der kleinen Mariamaria. Während er gedanklich zwischen Gegenwart und Vergangenheit pendelt und einem Familiengeheimnis auf der Spur ist, kommen einzelne Familienmitglieder zu Wort und erzählen ihre Perspektive der Familienereignisse.
Chobot durchbricht dabei jede chronologische Ordnung. Drei Generationen werden aus der Sicht der weiblichen Familienmitglieder durchleuchtet. Dabei geht es um eine Familie, die ständig ums Überleben kämpft. Politik spielt weniger Rolle. Krieg, Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit werden eher als unumgängliche Fakten, direkt pragmatisch angenommen. Vielmehr geht es um das tägliche Brot, das es zu beschaffen gilt, und den Überlebenskampf innerhalb der Familie, den Neid, den Konkurrenzkampf, die Eifersucht zwischen den Geschwistern und den Eheleuten. Scheidungen, Dreiecksbeziehungen, Geburten ehelicher und außerehelicher Kinder, Fehlgeburten und Abtreibungen säumen den Weg der Dynastie der „kleinen Leute“. Chobot konfrontiert den Leser mit dem Chaos einer Familie, wie man ihn sich gerne an einem sonntäglichen Mittagstisch vorstellt. Alle reden durcheinander und jeder erzählt nur von sich. Von seinen Wünschen und Sehnsüchten und von seiner Vergangenheit, wie sie wirklich verlief. Blitzartig meldet sich wieder eine(r) zu Wort, daher der Titel des Romans "Versuch den Blitz einzufangen". Dabei kann man leicht den Überblick verlieren, wer was gesagt hat und von wem welches Kind ist. Aber egal, Familienleben ist turbulent und die meisten Verbrechen finden bekanntlich zuhause statt. Sehr skurril und verwirrend, ein außergewöhnlicher Chobot!
Ingrid Reichel |
|