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Ein Lesebuch für schlaflose Nächte von Manfred Chobot und Dieter Bandhauer:
von Christoph Hartner
Träume können uns verwirren und inspirieren, verängstigen und belustigen – und nur selten können wir uns länger als ein paar Minuten an sie erinnern. Zahlreiche Literaten haben ihre Träume auf Papier gebannt. In „Die Wunderwelt, durch die ich schwebte“ haben Manfred Chobot und Dieter Bandhauer einige davon gesammelt. Ein Buch für schlaflose Nächte.
Niedergeschriebene Traumwelten
Als heißer Draht zu den Göttern galten Träume in der Antike. Und auch danach wurden oft noch wichtige politische Entscheidungen auf Grund von nächtlichen Visionen gefällt oder revidiert. Gleichzeitig wurden (vor allem sexuelle) Träume oft als Werk des Teufels interpretiert und aufs Heftigste bekämpft. Trotz dieser schwerwiegenden Implikationen begann erst durch Sigmund Freud eine ernsthafte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Träumen. Und mit Freud begann auch der Trend, seine Träume aufzuzeichnen.
Und so sind es vor allem Autoren des späten 19. und 20. Jahrhunderts, die die Herausgeber Manfred Chobot und Dieter Bandhauer in ihrem Band „Die Wunderwelt, durch die ich schwebte“ versammeln. Man erfährt darin zum Beispiel, dass Peter Rosegger träumte, von der Donau in den Orient gespült und dort zum Verkauf angeboten zu werden. Doch niemand wollte ihn kaufen. Bob Dylan erinnert sich in seinem Traum an Freunde, die er lange nicht mehr hat, und an eine Zeit, aus der er schon lange herausgealtert ist. Wie zu erwarten düster sind die Träume von Autoren wie Franz Kafka und Ingeborg Bachmann.
Zwischen „realen“ und erfundenen Träumen unterscheiden die Herausgeber nicht, viel mehr interessiert sie die literarische Umsetzung. So etwa hat Ernst Jandl seinen Traum in eine sehr lautmalerische Form gepackt, während Luis Buñuel gekonnt mit dem Surrealen hantiert.
Und auch C. G. Jung darf sich in dem Band selbst analysieren, indem er einen Traum von Wölfen und
seiner verstorbenen Mutter erzählt.
Unterhaltsam und lehrreich, skurril und langweilig, überraschend und altbekannt – es ist die Mischung der versammelten Traumdichtungen, die diesen Band sehr lesenswert macht. Eine Erkenntnis bei der Lektüre ist, dass die große Bedeutung von Träumen in der Aufhebung der Grenzen zwischen Realem und Fiktivem liegt. August Strindberg hat es im „Plädoyer eines Irren“ auf den Punkt gebracht: „Ich träumte, also bin ich, dachte ich und begann, meinen Körper zu fühlen.“
Manfred Chobot und Dieter Bandhauer (Hg.), „Die Wunderwelt durch die ich schwebte – Literarische Träume“
(Sonderzahl Verlag, 184 Seiten, 18 €) |
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