Ausgewählte Kritiken / Rezensionen | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Manfred Chobot | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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[Originalbeitrag für Literaturhaus] GEGENWARTSLITERATUR (1179) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Manfred
Chobot: Maui fängt die Sonne. Mythen aus Hawaii.
Wien: Deuticke 2001. 236 Seiten. € 15,90. ISBN 3-216-30574-0 |
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Das literarische Werk Manfred Chobots spielt sich immer am Übergang von mündlicher zur schriftlichen Literatur ab. Seine Schule des Hörspiels, die Archive der Dialektdichtung und seine "ethnologischen Heimspiele" in Stadt und Land gehen immer der Frage nach, wo der Kippeffekt ist, durch den ein alltägliches Gespräch zur Literatur und deklarierte Literatur zu einem Gebrauchsgut des Alltags wird. So ist auch die Textsammlung
"Maui fängt die Sonne" auf den ersten Blick eine Transkription
von mündlich tradierten Sagenstoffen aus Hawaii, zumal im Vorwort
recht unfiktional über die Inselgruppe, die Bevölkerung und
die phonetischen Besonderheiten berichtet wird. Faustregel: die hawaiische
Sprache kennt keine Doppelvokale. Jeder Vokal ist gesondert auszusprechen.
(Das wird insbesondere die Kellner bei der Bestellung eines unsäglichen
Toastes Hawaii freuen.) Die Beschreibung der Erzähl-Lage, der Kommentar zu den literarischen Spielregeln und der Switch von den Literaturanwendern zu den Literaturkommentatoren sind drei wesentliche Punkte, die Manfred Chobot in allen seinen Projekten berücksichtigt. Somit ist der sogenannte Vorspann als Non-fiction ein wesentlicher Bestandteil des Erzählprogrammes. Denn die 56 Erzählungen sind zwar recht genau recherchierte Partikel aus Mythen, Sagenfragmenten und disparaten Phantasiestücken der letzten Überlebenden einer langen Erzählgeschichte, durch den Ausklink aus der Sagenwelt entsteht aber eine ironisch begeisterte Erzählposition des Mythensammlers. Der Autor Manfred Chobot läßt gleichsam in jedem Satz mitschwingen, daß hier aus der Position eines Kontinentaleuropäers mit aller Sorgfalt und doch auch Nonchalance erzählt wird. "Pea-pea ging mit Mauis Frau zu Bett. Geduldig wartete Maui darauf, dass Pea-pea einschlafen würde. Eines von Pea-peas Augen war bereits geschlossen, doch sieben andere Standen noch offen. Maui schien, als würde die Zeit stillstehen. Die Müdigkeit quälte ihn dermaßen, dass er nach seinem Awa-Vorrat griff, um sich wach zu halten." (35) Die Sagenwelt tritt als Alltagswelt auf, die Götter quälen sich wie unzählige Standard-Menschen mit dem Einschlafen in einer Zeit, in der die Einschlafzeremonie vom Fernseher gesteuert wird. Die göttlichen Helden sind alle zu literarischen Helden geworden, die zwischendurch ein recht profanes Schicksal ausfassen, seltsame Kautzigkeiten an den Tag legen und manche Lebensabschnitte wie in einem pädagogisch wertvollen Kinderbuch bewältigen. Und das ist der große Erkenntniswert dieses Buches. Alte Geschichten müssen jeden Tag gerettet werden, indem sie jemand erlebt oder erzählt. Gerade weil der Stoff so archaisch ist, kommt es auf die Nuancen der gegenwärtigen Realisierung drauf an. In den Geschichten geht es daher ständig drunter und drüber, die Schwerkraft ist aufgehoben und in der Titelgeschichte fängt Maui, der trickreiche Halbgott, tatsächlich die Sonne ein um sie schöpfungs-didaktisch abzustrfen, weil sie so wenig Rücksicht auf das Wohl der Menschen genommen hat. Hawaii ist ja als Ganzes so etwas wie ein Mythos, in dem Wiener Altbürgermeister ins Ausgedinge ziehen und das in Gestalt von Ananasringen einst einen ganzen Kontinent überzogen hat. Durch Manfred Chobots Geschichten, denn es sind ja längst seine geworden, erfährt man nun auch etwas von jener Welt, die hinter dem Mythos Hawaii steckt. Und noch dazu haben die einzelnen Abenteuersequenzen einen pfiffigen Ausgang und sprühen nur so von Widerstandslust, wenn es darum geht, Oberhand über den Alltag zu kriegen. Manfred Chobot,
geb. 1947, lebt in Wien. |
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Helmuth Schönauer 25/07/02 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||